Die Kartage sind vorüber – das Grab ist leer, es ist Ostern geworden. Die Liedtexte dieser Festzeit singen uns von der Freude über die Auferstehung. Früher wurde liturgisch diese Freude durch das sogenannte Osterlachen (risis paschalis) dargestellt, angeregt durch einen Witz oder eine erheiternde Episode zum Ende des Gottesdienstes in der Osternacht.
Doch ist das denn überhaupt erlaubt? Dürfen Christen lachen? Manchen mag diese Frage seltsam erscheinen, anderen wird sie womöglich bekannt vorkommen und zugleich Erinnerungen an eine bestimmte Figur wecken: den Mönch Jorge aus Umberto Ecos berühmten Roman Der Name der Rose.
So sehr fürchtet dieser die Kraft des Humors und des Lachens und so wider das Christentum schätzt er sie ein, dass er die Rezeption von Aristoteles’ verschollenen Ausführungen über die Komödie um jeden Preis verhindern will. Nachdrücklich betont Jorge, dass Jesus schließlich auch nie gelacht habe. Diese Frage nach dem Lachen Jesu wird uns in einem späteren Essay noch beschäftigen.
Festzuhalten ist jedenfalls, dass das Lachen in der christlichen Tradition tatsächlich, nicht erst bei Jorge, einen zumindest ambivalenten Ruf genießt. Schon in der Benediktsregel heißt es (in dem wundervollen Kapitel über Die Werkzeuge der geistlichen Kunst):
»Häufiges oder ungezügeltes Gelächter nicht lieben.« (RB 4,54)
Also, doch kein Lachen erlaubt? Wie so oft müssen wir genau lesen: denn nicht jedes Lachen ist ja ›häufig‹ und ›ungezügelt‹. Solches Lachen zu meiden, hieße hoffentlich nicht, auch das herzliche, gesellige oder heitere Lachen zu lassen. Das würde am Ende nur Nietzsches altem Vorwurf in die Hände spielen:
»Bessere Lieder müssten sie mir singen, dass ich an ihren Erlöser glauben lerne: erlöster müssten mir seine Jünger aussehen!« (Nietzsche, Also sprach Zarathustra II. Über die Priester, zit. nach KSA 4, S. 118)
Woraus aber könnte sich eine ›erlaubte‹, christliche Heiterkeit und folglich auch ein christliches Osterlachen speisen?
Sicher ist: der Grund ist kein ›Galgenhumor‹, der das Kreuz tragikomisch annimmt wie in Monty Pythons Parodie der Passionserzählung. Österliche Heiterkeit scheint mir vielmehr eine Teilnahme an der Heiterkeit Gottes zu sein; der Gläubige weiß um Gottes Überlegenheit, hat Anteil am Wissen um seinen Sieg, und kann darum auch Anteil an seinem Witz haben. So kann beispielsweise Paulus selbst noch den Tod verspotten:
»Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?« (1. Korinther 15,55)
Christlicher Humor ist eine eschatologische Tugend. Das Ende ist stets die göttliche Komödie. Die Tragödie musste folglich in nachchristlichen Zeiten auch erst wieder ›entdeckt‹ werden – etwa durch Nietzsche. Eine christliche Tragödie kann es eigentlich nicht geben. Doch wird das Leid nicht ausgeklammert, sondern ist (wie die Wundmale des Auferstandenen) integriert. In einem kleinen Schatz, den ich unserer Klosterbibliothek gefunden habe (s. Bild), heißt es:
»Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Humor erweist sich als eine eschatologische Tugend. Gerade, weil wir wissen, was in der Welt ist und was in uns ist, und wir unter dem leiden, was in der Welt ist und was in uns ist, dürfen wir uns auf das Kommen des Reiches freuen, da Fried und Freude lacht, auf die Zeit, in der wir endlich daheim sind.« (Heinz-Mohr, Gerd, Sermon, ob der Christ etwas zu lachen habe, Hamburg: Furche (2. Aufl.) 1957, S. 28)
»Wir sind sicher, weil wir durch nichts in dieser Welt gesichert sind. Wir nehmen das Lachen Gottes ernster als den tierischen Ernst der Welt.« (Ebd., S. 42)
Viele Heilige haben von dieser Haltung christlicher Heiterkeit Zeugnis gegeben. Sicher sind das Neue Testament und weite Teile der christlichen Tradition nicht oberflächlich ›unterhaltsam‹ – doch finden wir dort einen tieferen Unterhalt, der tatsächlich zu tragen vermag, und dem nicht selten auch der Humor auf dem Fuße folgt (wie etwa beim heiligen Philipp Neri). Dieser heitere Unterhalt ist die Freude.
»In keinem Buch der Weltliteratur wird das Wort ›Freude‹ so oft wiederholt wie im Neuen Testament. Das sollten sich alle Christen merken, die bemüht sind, die Äußerungen ihrer Glaubensüberzeugung mit einem Höchstmaß bürgerlicher Zurückhaltung in Einklang zu bringen.« (Heinz-Mohr, Sermon, S. 29)
In diesem Sinne wünsche ich eine frohe und gesegnete Osterzeit! ☺️