Wir setzen unsere Betrachtungen über die Sünde der Humorlosigkeit fort, die uns heute eine weitere ihrer Fratzen zeigen wird: den dummen Spott.
Andere zu verhöhnen, zu verlachen und zu verspotten, ist etwas, dass wir wohl alle leider aus eigener Erfahrung kennen (als Opfer und/oder Täter). Es gibt eine Lachgemeinschaft, die sich über das Ausgrenzen und Auslachen konstituiert:
»Das spielerische Lachen ist ein freundliches. Es gibt aber auch eine dunkle Seite. Man kann andere Menschen nicht nur an-, sondern sie auch auslachen. Das Lachen hat also neben der gemeinschaftsstiftenden auch eine trennende, eine ausschließende Funktion. Lachen kann ausgrenzen, bestrafen und demütigen. Zugleich gilt: Gemeinsam über jemanden zu lachen, schweißt zusammen.« (Yves Bossart, Trotzdem lachen, S. 30)
Der Andere wird hier sozusagen ›raus-gelacht‹ – verstoßen, raus-gemobbt. [Eine Sonderform ist vielleicht das klischeehafte Lachen des Bösewichts, der lacht, wenn andere leiden, und sich dadurch selbst ›raus-lacht‹, da er sich als jenseits der Gemeinschaft stehend ausweist.]
Doch warum ist Spott ›dumm‹? Weil er bloß eine Kümmerform des guten Humors ist. Wo Humor den anderen treffen und zugleich achten kann, kann der Spott nur verletzten und verachten. Wo der Humor erheben und unterhalten kann, kann der Spott nur herabsetzen und sich lustig machen. Und dabei bringt er es noch nicht einmal fertig, ein ›lustiges‹ Klima zu schaffen. Schadenfreude und Mobbing erwirken ja (selbst bei den Tätern) keine echte Freude – eher die Angst, selbst unter die Räder zu kommen.
Humor hat Witz. Doch lachend mit dem Finger auf jemanden zu zeigen (s. Bild), bedeutet noch nicht, dass dieser Finger eine Pointe mit Witz markiert. Nicht jeder, der andere Menschen oder eine Sache – durchaus mit Erfolg – herabsetzt oder bloßstellt, ist witzig.
Denn das Opfer wird beim Mobbing ›getroffen‹, nicht aufgrund der Tiefe des Witzes, sondern einfach weil die Fallrichtung zu seinen Ungunsten festgelegt wurde. Der Spötter mag den geistlosesten Schrott abwerfen, (aus)gelacht wird trotzdem. Sein Kommentar, sein Spruch, sein Hohn ›rollt‹ sozusagen einfach nach unten.
Ein Mobber muss nichts leisten, braucht keinen Witz – Grausamkeit genügt. Sein Sieg ist ihm ja von Beginn an sicher (anders als beim guten Humor, der eine Pointe wagen muss, und auch über sich selbst lachen kann, wie wir gesehen hatten). C. S. Lewis lässt seinen Teufel sehr treffend sprechen:
»Nur einem geistreichen Menschen gelingt ein wirklicher Witz über die Tugend oder auch über irgendetwas anderes sonst, jeder hingegen kann dazu gebracht werden, die Tugend ins Lächerliche zu ziehen.« (C. S. Lewis, Dienstanweisung für einen Unterteufel, S. 87f)
Es ist ganz einfach: auf der Siegerseite zu stehen, macht stolz – und damit dumm sowie verächtlich und herablassend. Es scheint mir kein Zufall, dass auf Queens ›We are the champions‹ schnell das ›No time for losers‹ folgt. Andere zu ›besiegen‹ birgt also immer auch ein Verhängnis:
»Der Sieg macht blind, und er macht übermütig. Allzu schnell finden Sieger manches lustig, was der Sache nach nicht unbedingt lustig ist. ›Lustig ist man‹, steht bei Isaias geschrieben, ›wenn man die Beute zerteilt‹ (Isaias 9. Kapitel, Vers 2).« (Hans Conrad Zander, Darf man über Religion lachen, S. 138)
Diesen Übermut des dummen Spottes kennen wir nicht nur vom vermeintlichen ›Siegen‹ über andere Menschen wie beim Mobbing, sondern auch vom Aburteilen von Sachen, Gedanken usf. (oft geht ja auch beides Hand in Hand):
»Versteht man eine Sache nicht, so verspottet man sie. Vielleicht verdient sie nicht, daß man sie versteht, vielleicht auch ist der Spott einfach dumm. In beiden Fällen – ob die Sache im Unrecht ist oder der Spötter – wird nichts widerlegt, aber zuweilen wenigstens – und oft kann das mehr sein – fällt die Geschichte das Urteil. / Aber auch die Geschichte wird gerichtet werden.« (Henri de Lubac, Glaubensparadoxe, S. 52)
Dass er selbst von oben gerichtet werden kann (und wird), kommt dem Stolzen nicht in den Sinn, denn er wähnt sich ja über allem. [Ganz deutlich zeigt sich das übrigens am Zynismus, der ja gerne abstrakt wird. Er macht sich lustig über ›den Menschen‹ (stolz, als würde er ihn kennen) und verliert dabei den Blick für den Nächsten.]
Wiegen wir uns also wieder einmal in der siegestrunkenen Sicherheit unserer Echokammern, Filterblasen und selbstreferentiellen Stuhlkreise (gerne mit gestalteter Mitte), so geben wir acht, dass wir uns nicht unversehens in jenem ›Kreis der Spötter‹ wiederfinden, vor denen uns der erste Psalm warnt…
Auch nächstes Mal bleiben wir bei der Humorlosigkeit, wir werden jedoch auch wieder zur Heiterkeit des guten Humors zurückfinden – versprochen 😉